wir befinden uns nicht nur mitten im Vesakh-Monat Mai, sondern auch immer noch in einer Pandemie. Die Feiern zum Gedenken an Geburt, Erwachen und Parinibbana des Buddha Shakyamuni sind sehr freudvolle Ereignisse und öffnen in letzter Konsequenz auch die Tore zur Befreiung für uns selbst. In diesem Sinne erfolgen auch die ersten vorsichtigen Schritte zurück in unsere gesellschaftliche Freiheit nach den erforderlichen Maßnahmen der Pandemie. Die ersten Vesakh-Feiern in einigen Bundesländern finden heuer wieder öffentlich statt. Zwar noch unter bestimmten Vorsichtsmaßnahmen, aber immerhin doch in persönlicher Präsenz. Das große Vesakh-Fest in Wien wird heuer, hoffentlich letztmalig, so wie 2020 noch einmal nur virtuell gefeiert und dann über unsere Website abrufbar sein.
Eines der uns Buddhisten manchmal entgegengebrachten Vorurteile – wir würden zurückgezogen im Tempel sitzen, uns die Welt schön meditieren und die Gesellschaft außen vor lassen – werden wir in der Woche von 21. bis 28. Juni ganz heftig durch unsere „Buddhist Action Week“ widerlegen.
„Outer Purity & Inner Purity“ lautet ihr Titel, und die Sorge um Reinheit des Geistes, welche niemals aufs Innere isoliert herstellbar ist, gehört sicher zur buddhistischen Hauptpraxis. Dabei denken wir immer das Außen und die Anderen mit.
In diesem Verständnis war es uns auch ein großes Anliegen, dem Wunsch der Burmesischen Gemeinschaft nachzukommen und ein „
Interreligiöses Gebet für den Weltfrieden und speziell den Frieden in Myanmar" zu organisieren. Unter zahlreicher Teilnahme der verschiedenen Religionen und ausführlicher Berichterstattung durch den ORF, entstand am Stephansplatz in Wien eine sehr berührende Aktivität für den Frieden.
Gedenken an vergangene Gräuel sind auch eine wichtiger Beitrag für eine friedvollere Zukunft. Nach mehreren Anläufen fand heuer erstmals ein Gebetstreffen für den Frieden auf dem Kahlenberg anlässlich des Jahresgedächtnisses an die Befreiung der Konzentrationslager statt. Neben dem Buddhismus wurden aus dem katholischen und orthodoxen Christentum, sowie dem Islam und dem Judentum persönliche Beiträge und Gebete von den Anwesenden vorgetragen. In seinen Dankesworten betonte der Rektor der polnischen St. Josephs-Kirche am Kahlenberg die feste Absicht und die starke Hoffnung, dieses Gedenktreffen zu einer ständigen jährlichen Einrichtung zu machen.
Wenn wir es schaffen, im Hier und Jetzt unsere Handlungen so zu gestalten, dass ihre Folgen in der Zukunft keine unheilsamen Spuren hinterlassen, bräuchten wir zukünftig solche Gedenken nicht mehr. Das benötigt aber großes Gewahrsein und auch entsprechende Bildung, Wissen und Auseinandersetzung damit in der Gegenwart.
Zwei ganz wesentliche Herausforderungen stellen sich aktuell: die Bewältigung dieser und die Prävention zukünftiger Pandemien sowie das Thema Klima und Umwelt. Eines der wichtigsten Werkzeuge dabei ist sicher der Dialog, der die Voraussetzung für ein konstruktives Miteinander ist und zugleich extreme Frontenbildung verhindern kann.
Abschließend möchte ich euch noch auf zwei Veranstaltungen hinweisen, die für das eben Gesagte von großer Bedeutung sind. Das ist einerseits die Veranstaltung „
Buddhismus und Christentum im Gespräch“ sowie der zweite Teil der vierteiligen Seminarreihe „
KIimagerechtigkeit: Ethische Reflexion und transformatives Handeln“, welche im Vorjahr zum ersten Mal stattgefunden hat.
Ein inspirierendes und schönes Vesakh wünsche ich euch. Möge es uns darin stärken, zum eigenen und damit zum Wohle aller zu handeln.
In Verbundenheit,
Gerhard Weissgrab, Mai 2021