Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft

 
  Rede Menschenkette für friedvolles Miteinander  
  Manuskript für die Rede am 15.9. bei der „Menschenkette für ein friedvolles Miteinander“ von der islamischen Moschee in Wien zur katholischen Pfarre Am Bruckhaufen!
 
Der heutige Tag steht für mich unter einem besonderen Schwerpunkt: nämlich „Frieden schaffen“. Jetzt hier, als Teilnehmer dieser Menschenkette für ein friedliches Miteinander und in wenigen Stunden darf ich dann unser großes Symposium „Peace now“ eröffnen -hier ganz in der Nähe, im Austria Center Vienna – der Untertitel dieses Symposiums lautet „Frieden schaffen in schwierigen Zeiten“.
 

Zu Recht und aus gutem Grund geht es dabei immer wieder um Frieden. Frieden entsteht nicht von selbst, sondern immer nur durch das Handeln eines jeden Einzelnen von uns Menschen! Frieden muss zuerst in uns selbst entstehen, erst dann können wir Frieden im Außen schaffen. Und den Frieden dann auch zu erhalten bedeutet ständige Achtsamkeit und ständigen Einsatz. Völlig unabhängig davon, welcher Religion oder Weltanschauung wir uns zugehörig fühlen – wenn Friede entstehen und bestehen bleiben soll, geht es immer nur durch ein respektvolles Miteinander.

Auf welcher gemeinsamen Basis dauerhafter Frieden am besten zu verwirklichen ist, hat Sir Karl Popper im Exil und wohl im Eindruck der Gräuel des 2. Weltkriegs in seinem großen und wichtigen Werk: „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ beschrieben.
Wir hier in Österreich haben das besondere Privileg, in einer säkularen und offenen Gesellschaft zu leben. Und gerade diese offene Gesellschaft ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass unterschiedliche Kulturen, Religionen und Weltanschauungen friedlich und konstruktiv nebeneinander und miteinander leben können. Daher müssen wir gegen die Feinde einer offenen Gesellschaft auch gemeinsam auftreten.
 
Es gibt viele Grundparameter in unserer offenen Gesellschaft für ein friedliches und konstruktives Miteinander.
Ich möchte nur 3 davon exemplarisch anführen:
1. Der Respekt der Mehrheit gegenüber der Minderheit – aber, und darauf wird leider sehr oft vergessen, genauso wichtig und notwendig ist der Respekt der Minderheit gegenüber der Mehrheit.

2. Kein Anspruch auf den einzig richtigen Weg! In dem Augenblick, wo eine Seite von sich behauptet, den einzig richtigen Weg zu besitzen, wird jedes konstruktive Miteinander unmöglich. Die Suche nach dem „richtigen Weg“ ist ein nie endender Prozess eines nie endenden Diskurses aller Kräfte auf gleicher Augenhöhe.

3. Der ständige Versuch, sich ein möglichst vorurteilsfreies und differenziertes Bild über die Vorgänge innerhalb unserer Gesellschaft zu verschaffen. 

Das heißt, nicht zu verallgemeinern, das heißt aber auch, nicht sofort in verallgemeinernde Abwehr zu gehen, wenn tatsächlich bestehende Missstände differenziert angesprochen werden. Das setzt natürlich auch voraus, einzelne Missstände nicht zu verallgemeinern.
Leider erleben wir hier aktuell gerade beim 3. Punkt wenig Umsetzung.
In den letzten Jahren, Monaten und Wochen hat sich die öffentliche Diskussion immer mehr zugespitzt und auch im Vorfeld dieser Veranstaltung war die Mehrheit der Wortmeldungen eher negativ und undifferenziert.

In erschreckender Mehrheit läuft die Debatte in unserer Gesellschaft in Extremen: Entweder naiv idealistisch oder extrem ablehnend – es gibt kaum einen konstruktiven Diskurs in der Mitte. Hier sehe ich auch ganz stark die Aufgabe des Buddhismus, als den Weg der Mitte, den Diskurs heraus aus den Extrempositionen wieder zurück zu einem konstruktiven Austausch in der Mitte zu führen, zu fördern und zu unterstützen.
Eines der wichtigsten und mächtigsten Werkzeuge dafür ist der Dialog. Und die wichtigste Haltung auf diesem Weg ist der gegenseitige Respekt über alle Grenzen der einzelnen Meinungen hinweg.

Es geht nicht darum, alle zu derselben Meinung zu bekehren, sondern darum, die Meinungsvielfalt als wichtige Quelle unserer offenen Gesellschaft zu erkennen und zu fördern.

Dort, wo diese Werkzeuge und Haltungen nicht gefördert und geschätzt werden, dort müssen wir geschlossen dagegen auftreten und unsere Freiheit schützen – im Sinne eines umfassenden Friedens!
Mögen alle Wesen wohlauf und glücklich sein!
Mögen alle Wesen frei von Leid und dessen Ursachen sein!
Nachtrag:

Nicht im Konzept vorbereitet war eine kurze Replik von mir am Ende meiner Rede zu insgesamt 5 Transparenten gegen die Gewalt in Myanmar. Hier diese Replik aus dem Gedächtnis:
„Nachdem ich hier diese Transparente sehe, die sich ausschließlich mit dem Konflikt in Myanmar befassen, ist es mir ein Anliegen, darauf einzugehen. Diese Gewalt gegen die Minderheiten der Rohingya in Myanmar ist natürlich absolut zu verurteilen. Ich habe dazu auch schon mehrmals im Namen der ÖBR in Presseaussendungen Stellung bezogen. Zuletzt vor einer Woche, aber auch schon in den Jahren davor, 2012 und 2013.

Nachdem ich hier aber nur Transparente, ausschließlich gegen die Gewalt in Myanmar sehe, drängt sich mir die Frage auf: Ist inzwischen Myanmar der einzige Ort auf dieser Erde, wo ein zu verurteilender Konflikt herrscht und ist an allen anderen Orten dieser Welt bereits der Friede verwirklicht?

Ich wünschte es wäre so und es würde mich sehr freuen, wenn das so ist!
Denken sie bitte auch genau darüber einmal nach!“

Gerhard Weißgrab
 
     
     
 

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